Wir haben es _ gut gemacht
— Briefe zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch im Spiegel der Geschichte

In Arbeit

Eine multimediale Leseperformance
Premiere 1. März 2024, Einstein Kultur München

»Lauter Krimskramserzählungen freilich, die ohne Wichtigkeit sind, aber es ist doch wichtig, wenn man ein Leben mit einem andren Leben hat.« (Ingeborg Bachmann an Max Frisch)

Was treibt Ingeborg Bachmann an, was Max Frisch?

Sie, eine gelobte Lyrikerin.
Er, ein erfolgreicher Dramatiker.

Als sich Max Frisch wegen einer Fernsehproduktion von "Biedermann und die Brandstifter" im Mai 1958 in Hamburg aufhält, verfolgt er Ingeborg Bachmanns Hörspiel "Der gute Gott von Manhatten" im NDR Radio und schreibt ihr daraufhin begeistert einen Brief nach München, wo sie als Dramaturgin für das Bayerische Fernsehen arbeitet. Es ist der Beginn eines intensiven Briefwechsels zwischen beiden.

Die Sprache wird zum Seismograph dieser vielschichtigen und komplexen Beziehung, die im Spiegel der Geschichte noch einmal mehr an Wert für die Gegenwart gewinnt. Sie ist ebenso Ausdruck des Konflikts dieser Beziehung, der sich einerseits aus dem Wunsch nach Rückzug um die eigene literarische Arbeit voranzutreiben und anderseits aus dem Wunsch nach Nähe um ihre Leidenschaft auszuleben, ergibt. Dieser Konflikt wird noch einmal mehr durch die bürgerlichen Regeln der Nachkriegsgesellschaft verstärkt. Anderseits legt die Sprache Zeugnis ab über zwei feinsinnige Persönlichkeiten, die um jedes Wort ringen, wenn es darum geht, den anderen in seiner Persönlichkeit zu stärken. Mehr noch, um sich selbst über den Anderen zu erkennen und weiter zu entwickeln, ohne den ehrlichen und kritischen Blick auf sich selbst zu verlieren. Die Sprache als Ausdrucksmittel von sinnlicher Intensität und zur Lösungsfindung komplexer künstlerischer Bedürfnisse zu nutzen, ist in diesem Briefwechsel in beeindruckender Weise gelebt worden.

Der lange unter Verschluss gehaltene Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch erlaubt erstmals einen spekulationsfreien Blick auf die Innenwelt einer Beziehung, zweier für die deutschsprachige Literatur so bedeutsame Persönlichkeiten. Diesen Briefwechsel mit subtilem Blick zu durchleuchten und dramaturgisch so zu verdichten, dass möglichst ein breites Spektrum der Briefinhalte gezeigt wird, ist verbunden mit der geschichtlichen Einbindung der Lebensumstände von Ingeborg Bachmann und Max Frisch und wird das Herzstück dieser literarischen Leseperformance sein. Ziel ist ein abendfüllendes Bühnenprogramm, eine Szenencollage aus Lesung, Schauspiel und Videoeinblendungen zu produzieren.

»Wir sind doch auch mutig.« (Ingeborg Bachmann)

LITERATURPERFORMING

Ist die Leseperformance als eigenständiges Bühnengenre anzusehen? Neben der dramaturgischen Umsetzung des literarischen Briefwechsels zu einem Bühnenstück untersucht diese Produktion genreübergreifende künstlerische und bühnentechnische Möglichkeiten, die eine klassischen Lesung hin zu einem multimedialen und physischsinnlichen Performanceerlebnis erweitert. Es wird die synergetische Wirkungsweise von gelesenen, beziehungsweise vorgetragenen Briefen, verbunden mit Schauspiel und filmischen Ergänzungen in Bezug auf deren Aussagewirkung und Rezeptionsqualität untersucht: Wie muss das literarische, auditive und visuelle Material aus den unterschiedlichen Genres performt werden, um die Aufmerksamkeit des Publikums immer wieder neu zu inspirieren? Wie entstehen Reibungsflächen, Brüche und Gegenläufe, die dramaturgische Spannung erzeugen? Wie mache ich parallele Ereignisse eines Zeitgeschehens und deren unterschiedliches emotionales Erleben sichtbar? Bezogen auf die Charaktere von Ingeborg Bachmann und Max Frisch lautet die Frage: Welches Ausdrucksmittel aus dem Pool der verschiedenen Genres bilden die komplexe und vielschichtige Beziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch und deren literarisches Werk auf der Bühne in lebendiger Weise ab?

Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Projekt 2023/REC/2023

Die Akteure

Manuela Rademaker
(Konzeption, Performing, Bühne, AudioVideo)
Herbert Fischer
(Konzeption, Performing, Dramaturgie)

Quellen

"Wir haben es nicht gut gemacht"
Der Briefwechsel
Ingeborg Bachmann und Max Frisch
Piper Suhrkamp Verlag 2022

"Die gestundete Zeit"
"Anrufeng des Großen Bären"
"Der gute Gott von Manhattan"
"Malina"
Ingeborg Bachmann

"Biedermann und die Brandstifter"
"Andorra"
"Montauk"
Max Frisch

Ingeborg Bachmann 1926-1973
Max Frisch 1911—1991
Lemo(Lebendiges Museum Online)

"Ingeborg Bachmann — Reise in die Wüste"
Film Magarethe von Trotta 2023

Mai 2023