Götterspiele
— Olympia München und alles was wir erinnern, begreifen und imaginieren

INSTALLATION MIT PERFORMANCES

Vita est tempus optimum homini.

Was ist der ursprüngliche Gedanke von Olympia, was hat Olympia München von diesem Gedanken umgesetzt und was brauchen wir heute davon?

Auf den Spuren dieser Fragen begibt sich die performative Installation im SchauRaum, im Hof des SchauRaums und auf Außenplätzen im Areal des Ackermannbogens — ein Kunstprojekt zu 50 Jahre Olympia München.

Ausstellung Juli bis August 2022 Schauraum München
Stadtmuseum München digital

Installation SchauRaum

Ort: Therese-Studer-Straße 9, 80797 München am Ackermannbogen
Vernissage: Fr., 1. Juli 2022, 18 Uhr
Eröffnungsperformance im Hof um 19 Uhr
Finissage: So., 28. Aug. 2022, 18 Uhr mit Performance

Performances

Eröffnungsperformance (Vernissage): Fr., 1. Juli 2022, 19 Uhr
Ort: Hof des SchauRaum am Ackermannbogen
Abschlussperformance (Finissage): So., 28. August 2022, 19 Uhr

Gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München und in Kooperation mit dem KulturBüro AckermannBogen e. V.

Das Buchmagazin zur Ausstellung

erhältlich unter goetterspiele@manuelarademaker.de

I) DAS KÜNSTLERISCH-PHILOSOPHISCHE KONZEPT

GÖTTERSPIELE

HF: „Der gleiche Gott bekriegt sich, einmal heißt er Jehova und einmal Allah. Wie kann das sein? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er parteiisch ist. Er ist identisch mit sich. Warum müssen die Kinder desgleichen Gottes sich bis aufs Blut bekämpfen? Das will mir absolut nicht einleuchten.

MR: „Die Olympioniken in der Antike galten als die von den Göttern Begünstigten.“

HF: „Immer noch besser, von Göttern begünstigt, auch wenn sie vielleicht nur in unserer Vorstellung existieren, als von parteiischen, machthungrigen Menschen manipuliert oder missbraucht zu werden.“

OLYMPIA

„In der Anfangszeit gab es nur einen Wettlauf über die Distanz des Stadions (192,24 Meter). Die Spiele erhielten mit der Zeit eine immer größere Bedeutung. Sie waren aber keine ‘Sportveranstaltung’ in unserem heutigen Sinne, sondern ein religiöses Fest zu Ehren des Göttervaters Zeus und des göttlichen Helden Pelops. In ihrer Blütezeit dauerten die Spiele fünf Tage – der erste Tag war bestimmt von kultischen Zeremonien wie Weihehandlungen und dem Einzug der Athleten, Betreuer, Schiedsrichter und Zuschauer in den heiligen Hain von Olympia. Neben den Wettkämpfen – zuletzt waren es 18 in den Sportarten Leichtathletik, Schwerathletik, Pentathlon und Reiten – waren musische Wettbewerbe ebenso wichtig. Nicht der Sport als solcher stand im Mittelpunkt, sondern die religiöse Komponente. (…) Im antiken Olympia verstand man die Olympioniken als die von den Göttern begünstigten.“ (Wikipedia)

DER OLYMPISCHE GEDANKE

Der olympische Gedanke geht auf den Begründer der neuzeitigen olympischen Spiele seit 1896 Pierre de Coubertin zurück. Im Mittelpunkt steht die harmonische Verbindung von Geist und Körper. Es galt, Athleten über alle Grenzen hinweg an einen Ort „für eine friedlicherer und bessere Welt“, wie es in der Olympische Charta heißt, zusammenzuführen.

OLYMPIA MÜNCHEN

„Menschlich, heiter, machtvoll. 1972 findet die Olympiade in München statt, ein Ereignis das die Stadt für immer verändert, urban wie auch gesellschaftspolitisch. Der einstige Stadtrand wird zur Großbaustelle, ein ganz neuer Stadtteil entsteht mit einer einzigartigen Architektur. Die besondere Konstruktion des Olympiastadions symbolisiert Freiheit und Offenheit, ein großes Zeichen in einer Stadt, die immer noch geprägt ist von der Nachkriegszeit. Die ganze Welt blickt auf die Athleten mit ihren beindruckenden Leistungen, bis ein verheerendes Attentat im Olympiadorf die einmalige, friedvolle Atmosphäre zerstört: „The games must go on“, so entscheidet das IOC.“

Es wird nicht mehr so, wie es war. Und doch ist es München gelungen, dieses tragische Ereignis in die Wettkämpfe zu integrieren, so dass am Ende der Spiele das Olympische Dorf mit seiner einmaligen Architektur und seinen Gärten als Ort erbaulicher Begegnungen für die Zukunft geblieben ist.

ÜBER DIE WIRKLICHKEIT

„Es gibt keine klaren Unterschiede zwischen dem, was wirklich und dem was unwirklich ist, genauso wenig wie zwischen dem, was wahr und dem was unwahr ist. Etwas ist nicht unbedingt entweder wahr oder unwahr; es kann beides sein, wahr und unwahr.“ (1958, Harold Pinter)

„Ich halte diese Behauptungen immer noch für plausibel und weiterhin gültig für die Erforschung der Wirklichkeit durch die Kunst. (…) Die Wahrheit in einem Theaterstück bleibt immer schwer greifbar. Man findet sie niemals völlig, sucht aber zwanghaft danach. Die Suche ist eindeutig der Antrieb unseres Bemühens. Die Suche ist unserer Aufgabe. Meistens stolpert man im Dunkeln über die Wahrheit, kollidiert damit oder erhascht nur einen flüchtigen Blick oder eines Umriss, der der Wahrheit zu entsprechen scheint, oftmals ohne zu merken, dass dies überhaupt geschehen ist. Die echte Wahrheit aber besteht darin, dass sich in der Dramatik niemals so etwas wie die eine Wahrheit finden lässt. Es existieren viele Wahrheiten. Die Wahrheiten widersprechen, reflektieren, ignorieren und verspotten sich, weichen voreinander zurück, sind füreinander blind. Manchmal spürt man, dass man die Wahrheit eines Moments in der Hand hält, dann gleitet sie einem durch die Finger und ist verschwunden.“ (2005, Harold Pinter, Ausschnitt Nobelpreisrede)

Im Sinne Harold Pinters Wirklichkeitsverständnis bleiben die Grenzen zwischen dem Innenraum der performativen Installation und den performativen Aktivitäten im Außenraum offen, so wie nicht immer klar ist, wann das Spiel noch absichtslos ist oder schon die Grenze zum zwanghaften Wettkampf überschritten hat.

II) DIE INHALTLICH-KÜNSTLERISCHE UMSETZUNG

DIE INSTALLATION

Alles was wir erinnern

Die Installation spürt mithilfe der Geschichten damaliger Zeitzeugen und ausgewähltem Archivmaterial den olympischen Zeitgeist Olympia München nach und stellt diesen in den Kontext der Gegenwart. Analog bruchstückhafter Erinnerungen ordnen sich großformatige Fotografien, Hörstücke und Videosequenzen zu einer raumgreifenden Installation. Das Zusammentreffen vergangener Ereignisse mit dem Blick aus der Gegenwart, lässt einen imaginären Raum entstehen, den der Besucher mit seinen Gedanken, Bildern und Emotionen auflädt.

Alles was wir begreifen

Über Kopfhörer nehmen die Besucher die Geschichten der Zeitzeugen auf, die für die Ausstellung gesammelt und zu Audiocollagen verdichtet wurden. Sie tauchen ein in ihre emotionalen und geistigen Welten, während das Auge über großformatigen Fotografien wandert. Sie hören die Stimme eines Nachrichtensprechers, während ihr Blick auf einem Videobild ruht, das Sportler bei der Einweihungsfeier zeigen. Einige auditive Plätze zwingen zum Stehen, andere wiederum laden zum Sitzen auf einer der grünen Stadionschalen ein. Der Besucher nimmt die äußeren Impulse über sich verändernde Perspektive auf, gleich der sich über die Zeit verändernden Erinnerung — sie mögen sich selbst erinnern, eigene Bilder und Gedanken vor ihrem geistigen Auge entstehen lassen: Ein ehemals gesprochenes Wort, eine Berührung, ein Gefühl.

Ineinander- und übereinandergeschichtete Audio- und Videocollagen verbunden mit großformatigen Fotografien reihen sich mal linear historisch, mal emotional menschlich entlang eines imaginären Fadens auf — vom Betrachter in die Gegenwart gezogen und wieder entlassen in die Gegenwart der Vergangenheit, knüpfen die Besucher im Laufe der Ausstellung ein sich energetisch verdichtendes Netz von Ein- und Ausblicken.

DIE PERFORMANCE

Alles was wir imaginieren

Wenn Götter spielen, so ist ihr Spiel nicht harmlos. Schließlich geht es um den Sitz im Olymp. Doch wenn Götter spielen, so tun sie es göttlich. Was also ist göttliches Spiel im olympischen Sinne? Die Olympioniken galten in der Antike als die von den Göttern Begünstigten.

„Citius, altius, fortius“

„Schneller, höher, stärker,“ so laute das offizielle Motto der Olympischen Bewegung. Doch wenn aus sportlichem Kampfgeist zwanghafter Sportwahn wird, wenn aus kapitalistischem Interesse die Gesundheit der Sportler gefährdet wird, wenn Sport für politische Zwecke missbraucht wird, müssen wir uns fragen, was vom ursprünglichen Gedanken Olympias noch geblieben ist. Wie aus heiteren Spielen dramatische Spiele werden können, hat das Attentat in München gezeigt. Wie Menschenrechte missachtende Regierungen sich ungestraft an Olympia bereichern, ist mehr als ein Verrat am olympischen Gedanken friedvoller Wettkämpfe. Brauchen wir das immer Schneller, Größer, Höher, Weiter, Besser noch? Wie kann uns der ursprüngliche Gedanke von Olympia wieder in die Leichtigkeit des Seins bringen? Die Leichtigkeit, die für das Grundgefühl von Vertrauen, Sicherheit und emotionaler Stabilität so wichtig ist, um unser Bewusstsein für Frieden, Freiheit, Toleranz, Empathie und Liebe zu öffnen.

„Vita est tempus optimum homini“

Das Leben ist des Menschen beste Zeit. „Die Olympische Bewegung ist eine Bewegung des Friedens, in deren Mittelpunkt der Mensch steht, ganz gleich welcher Nation, und zwar mit seiner körperlichen Stärke, Willenskraft und seinem schöpferischen Geist“ (Jens Ossa)

Wie könnte Olympia heute aussehen um den Menschen wieder im Sinne des ursprünglichen olympischen Gedankens als Inspirationsquelle für ein friedliches Zusammenleben dienen?
Kurze Szenen, aneinandergereiht, begeben sich auf der Suche nach dem „göttlichen Funken“ und laden zum sommerlichen Spiel mit den Göttern ein.

Die Performances finden im Hof des SchauRaums und an vier Außenplätzen im Areal des Ackermannbogens statt: im Amphitheater, auf dem Stadtacker, auf dem Stadtplatz und auf dem Platz der Stille.

III) DIE ORTE

DER SCHAURAUM

Der beinahe quadratische SchauRaum wird bestimmt durch eine stufenförmig ausgebildete Bodenarchitektur — eine ideale Metapher für das Stadion. Zum Hof hin öffnet sich der Raum durch eine fassadenhohe, über die gesamte Wandfläche gehende Glasfassade, Ein- und Ausgang zum überdachten Hof, einer der Orte für die Performances.

DIE AUSSENPLÄTZE

Der überdachte Innenhof vor dem SchauRaum, das Amphitheater, der Stadtacker, der Stadtplatz und der Platz der Stille sind die fünf Außenplätze für die Performances im Areal des Ackermannbogens — Orte unter freien Himmel, die bei sommerlichen Temperaturen geradezu zum Spielen, Kräftemessen und Austausch einladen.

INTERVIEWS, PORTRAITS, ARCHIVE

Mithilfe einer Kamera und eines Aufnahmegeräts werden Portraits und Interviews von Zeitzeugen aufgezeichnet und Archive gesichtet. Das gesammelte Material dient als Arbeitsgrundlage für die künstlerische Übersetzung in großformatige Fotografien, Audio- und Videocollagen, sowie als Textgrundlage für die Performances.

IV) DAS KÜNSTLERTEAM

Manuela Rademaker
— Künstlerische Konzeption und Leitung
— Audio- und Videocollagen
— Texte, Performances

Bettina Lindenberg
— Künstlerische Mitarbeit
— Fotografie

Herbert Fischer
— Künstlerische Mitarbeit
— Schauspiel

Jeannette Kummer
— Medienberatung
— Sprecher, Performances

Stefan Bößl
— Technikausstattung Stadt München

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München Februar 2023